
Kolumbien wird gerne mit den typischen Transportmitteln der Landbevölkerung in Verbindung gebracht. Es sind die farbenprächtige Chiva und der Willys-Jeep der Anden, die als Mini-Replika verkauft werden und auf Hochglanzfotos die Reiseführer zieren. Schön und gut.
Der wahre kolumbianische Held der Strasse – el carrito nuestro, un símbolo nacional – ist jedoch ein alter, europäischer Bekannter: der Renault 4. Diplomatischer Widerstand zwecklos, dieser Franzose wurde schon vor langer Zeit in Kolumbien eingebürgert. Auf europäischen Strassen fast ausgestorben, steht er in Kolumbien immer noch auf jedem Parkplatz, in jedem Stau, fährt mit in jeder Parade oder im gewöhnlichen Verkehr. Es gibt ihn getunt, lackiert in allen Farben des Regenbogens, oder ganz bescheiden vor sich hin rostend. Der R 4 ist kein Auto. Er ist ein Familienmitglied. Nein, er ist besser als ein Familienmitglied. Er ist, oder war, funktional, sparsam, unkompliziert, bescheiden, günstig, robust, anspruchslos, zuverlässig und für alles zu haben.
Produziert wurde der Renault 4 zwischen 1961 und 1992, ab 1970 auch in Kolumbien selber. Er war eines der ersten Serienfahrzeuge mit einer fünften Tür und erschwinglich für die breite Masse. Grosse Emotionen und Erinnerungen sind mit ihm verbunden. Für viele war er das erste eigene Auto. Das Auto, das fahren, leben, lieben und arbeiten ermöglichte.
Eine mit viel Herz und Witz gemachte Sendung aus der Serie «Los puros criollos» befasst sich mit der Liebe Kolumbiens zum R 4. Sogar ohne Spanischkenntnisse erhält man einen tiefen Einblick in die kolumbianische Seele. Anschauen, geniessen:
Los puros criollos – Renault 4
PS: Auch wir hatten einen. Ich erinnere mich gut, wie wir uns auf der Autobahn anschrien, um den Motorenlärm zu übertönen. Und das Gedröhn der uns überholenden Autos. Er hiess «Schnupfi», war dunkelblau und ein bisschen fehlt er uns noch heute.
Auch wir hatten zwar keinen R4 aber einen alten Volkswagen, den wir heiss und innig liebten und mit dem wir die Welt erkundigten.