Nach Mocoa trifft es Manizales

IMG_5781
Der Hausberg, Morro de Sancancio, mit den offenen Wunden, die das Unwetter hinterlassen hat (Pressebild)

Noch vor drei Tagen wurden auf dem Hauptplatz von Manizales, der Plaza Bolivar, Lebensmittel, Kleider und Hygieneartikel gesammelt. Für die Stadt Mocoa, wo Ende März mitten in der Nacht Schlammlawinen ganze Stadtteile begruben und mindestens 323 Menschen starben.

Seit gestern wird auf dem gleichen Platz in Manizales für die eigenen Opfer gesammelt. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch fiel so viel Regen wie normalerweise in einem ganzen Monat, 156.4 Millimeter in fünfeinhalb Stunden. Gegen 9 Uhr abends brach in nebliger Stimmung ein heftiges Gewitter los, innerhalb von Minuten verwandelten sich Strassen in Bäche. Rundherum erhellte Blitz um Blitz die Nacht und Donnerschläge brachten in ihrer Heftigkeit die Scheiben zum Beben. Wasser floss unter Haustüren hindurch und drückte durch die Ritzen schlecht isolierter Fenster. Stromausfall, das Dröhnen des Regens auf dem Dach, Naturgewalten am Werk, schier endlos.

IMG_5782
Am Morgen danach (Pressebild)

25 Quartiere sind von Erdrutschen, Überschwemmungen und zerstörter Infrastruktur betroffen. Gegen 100 Häuser wurden beschädigt. Es ist von 17 Toten, 9 Vermissten, 20 Verletzten und 400 evakuierten Familien die Rede. Gestern machte sich der Präsident persönlich ein Bild von der Lage und versprach rasche Hilfe.

Die Schulen und Universitäten bleiben auch heute, am zweiten Tag nach dem Unwetter, geschlossen. Eine Welle der Solidarität rollt über die Stadt. Taxifahrer fahren Betroffene gratis durch die Gegend, Hotelbesitzer bieten kostenlos Unterkünfte an, private Busse helfen bei der Evakuation. Spenden treffen ein. Es wird aufgeräumt, geflickt, betreut, getrauert. Und es wird gebetet, für die Toten und dafür, dass nicht noch mehr Regen fällt und weitere Hänge ins Rutschen geraten.

Hier wie in der Schweiz nehmen solche Ereignisse an Häufigkeit und Heftigkeit zu. Hier wie dort spricht man von fehlenden oder veralteten Risikokarten und Siedlungen am falschen Ort. In der Schweiz werden teure Präventionsprojekte realisiert, hier trifft es ungeschützt die Ärmsten.

Im aktuellsten Global Climate Risk Index von Germanwatch (2015), bei dem Tote und finanzielle Verluste extremer Wetterereignisse  berücksichtigt werden, befindet sich Kolumbien auf Platz 33 (Schweiz: 96, USA: 21), über die letzten 20 Jahre berechnet auf Platz 47 (Schweiz: 40, USA: 28).

Das Klima interessiert sich nicht für Zahlen. Solange Fakten negiert und die Verantwortung für Klimaschutz nicht sowohl von Politik und Wirtschaft als auch von jedem Einzelnen übernommen wird, nimmt die Tragik der Allmende ihren Lauf.

Kommentar verfassen