Wahlkrampf

Wahlkampf (Bild: M. Schäfer, Textrakt)
Bei rot gibts Propaganda (Bild: M. Schäfer)

Kolumbien hat gewählt, so friedlich wie seit langer Zeit nicht mehr. Vor den Wahllokalen, meist Schulhäuser, waren nur Menschentrauben und gelangweilte Polizei zu sehen. Unsereine, die nicht wählen durfte, freut sich. Auch darüber, dass jetzt der öffentliche Raum vorübergehend von der Wahlwerbung entlastet wird, bevor die Präsidentschaftswahlen anstehen.

Haben Sie sich auch schon über den Wahlplakatwald an Schweizer Strassen und den Extrastapel Altpapier geärgert? Pipifax. Hier überrollte wochenlang eine Propagandawelle nach der anderen die Stadt: Wahlwerbung auf Riesenplakaten, an Strom- und anderen Masten, auf langsam fahrenden, mit Lautsprechern ausgerüsteten Lastwagen, als Menschentraube mit T-Shirts, Fahnen, Handzetteln und Ballons, als Pappkameraden, als Sandwichmensch, als Unterbrecherwerbung bei Rotlicht, im Briefkasten, auf Autos, in Fenstern von Wohnungen und Büros, als Banner an Gebäuden und dazu in allen sozialen und asozialen Kanälen.

Beliebt und eine eher spezielle Form von Demokratieverständnis ist die Verpflichtung von Wählern via das Versprechen von Gefälligkeiten im Falle eines Siegs. Für die richtige Person zu stimmen und möglichst viele andere dazu zu bewegen, das gleiche zu tun, kann einem zum Beispiel zu einem besseren Job verhelfen. Oder zumindest dazu, den aktuellen Job zu behalten.

Auch eine andere Erkenntnis traf mich unerwartet. Am Vorabend der Wahl und den ganzen Wahltag lang durfte kein Alkohol verkauft werden. Das sogenannte „Ley seca“ stellt sicher, dass die Wahlen nicht verschlafen und tatsächlich für die Richtigen gestimmt wird. Die Regale im Supermarkt sind mit Klebeband abgesperrt, die Kühlschränke haben Vorhängeschlösser und einen unerbittlichen Wachmann davor. Es gibt keine Ausnahmen für Ausländer.

Apero gabs trotzdem. Dank einer äusserst grosszügigen Schweizer Spende und der Globalisierung sind noch fünf Flaschen Campari aus brasilianischer Produktion im Haus. Saúde!

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