
Kolumbien befindet sich in Äquatornähe. Es gibt keine Jahreszeiten, nur feuchtere und trockenere Perioden. Die werden als Sommer und Winter bezeichnet, aber mit einem mitteleuropäischen Verständnis von Sommer und Winter haben sie so viel gemeinsam wie Tag und Nacht.
Wer Jahreszeiten nur aus dem Fernsehen und von Bildern her kennt, hat keine klare Vorstellung davon, was sie bedeuten. Ist es in der Schweiz immer kalt? Liegt überall Schnee? Wäscht man sich im Norden nur einmal pro Woche, weil es so kalt ist, dass man nicht schwitzt (dies als nett gemeinte Interpretation, weil Rucksacktouristen oft leicht bis massiv müffeln)? Regelmässig erkläre ich, was Jahreszeiten sind und wie sie sich manifestieren: die Temperaturunterschiede, kürzere und längere Tage, die Natur im Wandel, ihr Puls, der das Jahr und seine Feste prägt.
Und während ich davon spreche, merke ich, wie sehr sie mir fehlen, wenn ich die eine oder andere Saison im Süden überspringe. Vom Winter die lautlos fallenden Schneeflocken und die Schneedecke, die allen Lärm wie Watte dämpft, der Geruch nach heissen Marroni, Kerzenschein. Vom Frühling die Blüten und ihr süsser Duft, das Freiheitsgefühl handschuhloser Hände. Vom Sommer der Sprung in den Fluss, Grillfeuer in der Luft. Vom Herbst der farbenreiche Abschied der Natur, Zugvögel vor Blau, der Geruch nach trockenem Laub.
Ewiger Sommer ist schön. Und schrecklich langweilig.
Ein schöner Text. Er macht die herbstlichen Tage erträglicher und beinahe willkommen, dabei ist doch auch die Lust auf einen beinahe dauernden Sommer unterschwellig.