
Es gibt Menschen mit rhetorischem Talent, die bei öffentlichen Auftritten brillieren. Dann gibt es die grosse Mehrheit, die durch Training und Erfahrung zu guten Rednerinnen und Rednern wird. Und dann gibt es jene, die sich immer und bei jeder Rede spürbar unwohl fühlen. Bei denen man zum Schluss vor allem deshalb applaudiert, weil Redner und Publikum überlebt haben.
Johann Schneider-Ammann, der am 5. Dezember 2018 vor dem Parlament seine Abschiedsrede hielt, musste als Bundesrat unzählige Reden halten. Dass sich jemand für einen solchen Posten zur Verfügung stellt ganz ohne Freude am öffentlichen Sprechen, ist erstaunlich. Eine interessante Mischung aus Masochismus und Mut.
Unvergessen ist seine Fernsehrede zum Tag der Kranken, vor allem in der französischen Version («Rire c’est bon pour la santé»). Mit tieftrauriger Miene referierte der Bundesrat über die Bedeutung des Lachens für die Gesundheit. Die Rede fand sogar internationale Beachtung. Wäre der Auftritt ironisch gemeint gewesen, wäre er grossartig. So ist er zumindest ein wichtiger Beitrag zur Diskussion über die Ton-Bild-Schere und ein Lehrstück für Kommunikationsberater und Ghostwriter.
Johann Schneider-Ammanns allerletzte Rede, in der er sich selbst als unglücklichen Redner auf die Schippe nimmt, war ein Erfolg. Er ist ihm von Herzen zu gönnen.