Der König der Avocado

Reinaldo, el "Rei" (Bild: M. Schäfer)
Reinaldo, el „Rei“ (Bild: M. Schäfer)

Das ist Reinaldo Antonio, der sich gerne Rei (König) nennen lässt. Reinaldo ist Strassenverkäufer in Manizales, sein Geschäft sind die Avocados. Jeden Morgen steht er um halb sechs in den Markthallen bereit, wenn das Gemüse und die Früchte angeliefert werden. Er kauft 40 bis 50 Kilo genussreife Avocados ein. Das ist die Menge, die er wochentags verkauft. An den Wochenenden sind es 60 bis 70 Kilo.

In Kolumbien ist es üblich, eine Avocado zum Mittagessen mitzubringen und gleich auszulöffeln. Schon am Vormittag hört man in den Strassen der Stadt die «Aguacate maduro!»-Rufe. Reife Avocados türmen sich auf Trottoirs, Plastikhockern oder Holzkarren, zu 2000 bis 6000 Pesos, zwischen 50 Rappen bis 1.50 Franken, je nach Grösse. Sie werden in der ganzen Region angebaut. Das Wasser, dass sie zum Wachsen brauchen, kommt reichlich vom Himmel.

Reinaldos Arbeitsplatz ist vor dem Restaurant «Petacazo» in Chipre, im höchstgelegenen Quartier der gebirgigen Stadt mit der besten Aussicht über die Anden. Dorthin zieht es am Wochenende die Massen zum Spazieren, Eis essen und Drachen steigen lassen. Auch unter der Woche sind die Restaurants gut besucht. Vor dem «Petacazo» werden wie am Bankschalter kleine Papierstreifen mit Nummern an die Wartenden verteilt, damit alles seine Ordnung hat. Serviert wird die traditionelle kolumbianische Kost: deftige Kombinationen von Suppen, Fleisch, Kartoffeln, Bohnen, Reis, Weisskohlsalat und frittierten Kochbananen.

Haben die hungrigen Gäste endlich einen Tisch bekommen, dauert es nicht lange und Reinaldo steht mit einer Avocado da. Er kennt jeden und jeder kennt ihn. Er weiss genau, wer zur Suppe gerne eine Avocado isst. Dazu gibt es einen Scherz und sein unverwechselbares Lachen. Ab und zu hält auch ein Motorrad oder ein Auto an für eine Avocado «to go». Reinaldo kommt mittags nie zur Ruhe.

Reinaldo und seine Avocadokisten – wer etwas über die optimale Befriedigung von Kundenbedürfnissen wissen möchte, fragt am besten ihn.

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